Eine Abmahnung im Mietverhältnis ist ein rechtliches Instrument, das dem Vermieter die Möglichkeit gibt, einen Mieter bei Pflichtverletzungen formell zu rügen, ohne den Mietvertrag sofort zu kündigen. Sie dient als „letzte Warnung“ und schafft die rechtliche Grundlage für eine mögliche spätere Kündigung, wenn sich das beanstandete Verhalten wiederholt.
Was bedeutet eine Abmahnung im Mietrecht?
Die Abmahnung ist eine schriftliche Erklärung des Vermieters, mit der er den Mieter auf eine konkrete Vertragsverletzung hinweist und ihn auffordert, dieses Verhalten künftig zu unterlassen. Sie hat zwei zentrale Funktionen: Zum einen dokumentiert sie einen Pflichtverstoß, zum anderen soll sie dem Mieter die Chance geben, den Fehler zu korrigieren, bevor ernstere Konsequenzen folgen.
Juristisch ist die Abmahnung nicht ausdrücklich im Mietrecht geregelt, sondern ergibt sich aus dem allgemeinen Vertragsrecht in Verbindung mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Insbesondere § 543 Abs. 3 BGB sieht vor, dass eine fristlose Kündigung wegen Pflichtverletzung in der Regel erst nach vorheriger Abmahnung zulässig ist.
Wann darf der Vermieter abmahnen?
Ein Vermieter darf den Mieter abmahnen, wenn dieser gegen vertragliche Pflichten verstößt. Typische Gründe für eine Abmahnung sind:
- Zahlungsverzug: Wenn Mieten oder Nebenkosten verspätet oder gar nicht gezahlt werden.
- Unzulässige Nutzung der Wohnung: Zum Beispiel gewerbliche Nutzung ohne Zustimmung oder unbefugte Untervermietung.
- Verstöße gegen die Hausordnung: Lärmbelästigung, unerlaubte Tierhaltung oder unsachgemäße Müllentsorgung.
- Beschädigung der Mietsache: Wenn der Mieter das Mietobjekt oder Gemeinschaftseinrichtungen mutwillig oder fahrlässig beschädigt.
Wichtig ist, dass der Vermieter konkrete Vorfälle benennen kann – pauschale Vorwürfe sind nicht ausreichend.
Wie muss eine Abmahnung formuliert sein?
Damit eine Abmahnung wirksam ist, sollte sie schriftlich erfolgen und bestimmte Bestandteile enthalten:
- Klare Bezeichnung des Mieters und der Wohnung, um das Mietverhältnis eindeutig zuzuordnen.
- Konkrete Beschreibung des Fehlverhaltens mit Datum und gegebenenfalls Zeugen.
- Aufforderung zur Unterlassung des beanstandeten Verhaltens oder zur Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustands.
- Androhung rechtlicher Konsequenzen, insbesondere einer Kündigung, falls sich das Verhalten wiederholt.
Beispiel:
„Hiermit mahnen wir Sie ab, da Sie am 12.09.2025 nach 23 Uhr wiederholt laute Musik gespielt haben, wodurch andere Mieter erheblich gestört wurden. Wir fordern Sie auf, künftig die Ruhezeiten einzuhalten. Bei erneuter Pflichtverletzung behalten wir uns eine fristlose Kündigung gemäß § 543 Abs. 1 und 3 BGB vor.“
Muss die Abmahnung schriftlich erfolgen?
Rein rechtlich kann eine Abmahnung auch mündlich ausgesprochen werden. Aus Beweisgründen ist jedoch dringend die Schriftform zu empfehlen. Nur so kann der Vermieter im Streitfall vor Gericht nachweisen, dass eine Abmahnung tatsächlich erfolgt ist und welchen Inhalt sie hatte.
Was passiert nach einer Abmahnung?
Reagiert der Mieter auf die Abmahnung und stellt das Verhalten ab, hat die Abmahnung ihren Zweck erfüllt – das Mietverhältnis kann fortgesetzt werden. Wiederholt sich der Pflichtverstoß jedoch oder kommt der Mieter seiner Pflicht weiterhin nicht nach, kann der Vermieter unter bestimmten Voraussetzungen fristlos kündigen.
Eine solche Kündigung muss auf den konkreten Sachverhalt Bezug nehmen, der bereits Gegenstand der Abmahnung war. Fehlt eine vorherige Abmahnung, ist eine fristlose Kündigung in den meisten Fällen unwirksam, es sei denn, der Pflichtverstoß ist so schwerwiegend, dass eine Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar wäre.
Wann ist eine Abmahnung nicht erforderlich?
Nach § 543 Abs. 3 Satz 2 BGB kann eine Abmahnung ausnahmsweise entfallen, wenn sie offensichtlich keinen Erfolg verspricht oder die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen gerechtfertigt ist.
Das ist etwa der Fall, wenn:
- der Mieter massiv gegen den Hausfrieden verstößt (z. B. Bedrohung anderer Bewohner),
- die Wohnung vorsätzlich schwer beschädigt wird,
- oder der Mieter bereits mehrmals wegen ähnlicher Pflichtverletzungen abgemahnt wurde.
Abmahnung durch den Mieter
Nicht nur Vermieter, auch Mieter können abmahnen. Wenn der Vermieter z. B. wiederholt seine Pflichten verletzt – etwa bei unterlassener Mängelbeseitigung, Lärmbelästigung durch Bauarbeiten oder nicht gewährter Nutzung der Mietsache – darf der Mieter den Vermieter abmahnen und ihn zur Vertragserfüllung auffordern. Bleibt das Verhalten bestehen, kann der Mieter die Miete mindern oder in gravierenden Fällen sogar fristlos kündigen gemäß § 543 Abs. 1 BGB.
Abmahnung und Mieterrechte
Mieter haben das Recht, auf eine Abmahnung zu reagieren. Sie können:
- das beanstandete Verhalten einstellen,
- eine schriftliche Stellungnahme abgeben, um den Sachverhalt aus ihrer Sicht darzulegen,
- oder sich rechtlich beraten lassen, wenn sie die Abmahnung für unberechtigt halten.
Eine Abmahnung ist keine Kündigung, sollte aber ernst genommen werden. Sie wird Teil der Mieterakte und kann bei späteren Streitigkeiten über die Vertragstreue des Mieters eine entscheidende Rolle spielen.
Was gilt bei wiederholten Abmahnungen?
Wenn der Mieter trotz mehrerer Abmahnungen weiterhin gegen seine Pflichten verstößt, kann der Vermieter fristlos kündigen. Besonders im Fall von wiederholtem Zahlungsverzug ist die Rechtsprechung streng: Schon bei zwei aufeinanderfolgenden Mietrückständen kann eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein (§ 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB).
Trotzdem empfehlen Fachanwälte, jede Kündigung sorgfältig zu prüfen – formale Fehler oder unklare Abmahnungen führen oft zur Unwirksamkeit einer Kündigung.
Fazit: Abmahnung als Chance zur Konfliktlösung
Die Abmahnung im Mietverhältnis ist kein Strafinstrument, sondern ein Mittel, um Konflikte zu klären, bevor sie eskalieren. Sie schützt beide Seiten – den Vermieter, indem er seine Rechte wahrt, und den Mieter, indem er Gelegenheit erhält, sein Verhalten anzupassen.
Eine sachlich formulierte, schriftliche Abmahnung ist daher das wirksamste Werkzeug, um Streitigkeiten über Vertragsverletzungen auf eine rechtssichere Basis zu stellen – und oft der entscheidende Schritt, um ein Mietverhältnis zu retten, bevor es endgültig zerbricht.




