Das Bieterverfahren ist eine alternative Verkaufsstrategie im Immobilienbereich, bei der potenzielle Käufer innerhalb eines festgelegten Zeitraums Gebote für eine Immobilie abgeben. Im Gegensatz zu einer klassischen Auktion handelt es sich dabei jedoch nicht um eine Versteigerung im rechtlichen Sinn: Der Verkäufer ist nicht verpflichtet, das höchste Gebot anzunehmen. Das Verfahren bietet sowohl Käufern als auch Verkäufern mehr Flexibilität und Transparenz bei der Preisfindung und wird häufig eingesetzt, wenn der Marktwert einer Immobilie schwer zu bestimmen ist oder eine hohe Nachfrage besteht.
Was ist das Bieterverfahren?
Beim Bieterverfahren handelt es sich um ein freies, marktorientiertes Verkaufsverfahren, das insbesondere im Immobiliensektor Anwendung findet. Statt eines festen Verkaufspreises wird ein Startpreis (Mindestgebot) festgelegt, ab dem Interessenten ihre Gebote abgeben können. Ziel ist es, durch den Wettbewerb unter den Interessenten einen realistischen Marktpreis zu erzielen, der Angebot und Nachfrage widerspiegelt.
Das Bieterverfahren wird häufig von Maklern oder Immobiliengesellschaften organisiert und ist sowohl bei Wohn- als auch bei Gewerbeimmobilien anwendbar. Besonders beliebt ist es in Zeiten hoher Nachfrage, da es den Verkaufsprozess beschleunigen und einen marktgerechten Preis erzielen kann.
Rechtliche Grundlage
Das Bieterverfahren ist keine Auktion im rechtlichen Sinne und unterliegt somit nicht dem Zwangsversteigerungsgesetz (ZVG). Es handelt sich vielmehr um ein privatrechtliches Verkaufsverfahren nach den allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Der entscheidende Unterschied zur Versteigerung liegt darin, dass der Verkäufer nicht verpflichtet ist, das höchste oder ein bestimmtes Gebot anzunehmen. Die Abgabe eines Gebots stellt lediglich ein unverbindliches Kaufangebot dar, das der Verkäufer annehmen oder ablehnen kann.
Ablauf des Bieterverfahrens
Der Ablauf eines Bieterverfahrens folgt in der Regel mehreren klar definierten Schritten:
- Vorbereitung und Bewertung: Der Verkäufer oder Makler legt den Startpreis fest, meist basierend auf einer Marktanalyse oder einem Verkehrswertgutachten.
- Vermarktung: Die Immobilie wird beworben, oft mit dem Hinweis „Kaufpreis im Bieterverfahren“. Besichtigungstermine werden angesetzt, um Interessenten die Möglichkeit zur Prüfung zu geben.
- Gebotsphase: Innerhalb eines festgelegten Zeitraums – meist ein bis zwei Wochen – können Interessenten schriftliche Gebote abgeben.
- Auswertung der Gebote: Nach Ablauf der Frist werden alle Gebote geprüft. Der Verkäufer entscheidet, ob er eines der Gebote annimmt oder eine neue Runde startet.
- Kaufvertragsabschluss: Erst mit der notariellen Beurkundung (§ 311b BGB) wird der Kaufvertrag rechtsverbindlich. Das Bieterverfahren selbst begründet keine Verpflichtung zum Verkauf.
In manchen Fällen wird das Verfahren auch in mehreren Runden durchgeführt, um Nachbesserungen der Gebote zu ermöglichen.
Arten des Bieterverfahrens
Es gibt verschiedene Varianten des Bieterverfahrens, die sich nach Transparenz und Ablauf unterscheiden:
- Offenes Bieterverfahren: Alle Teilnehmer kennen die Gebote der anderen. Dies kann den Wettbewerb anregen und zu höheren Geboten führen.
- Stilles Bieterverfahren: Jeder Interessent gibt sein Gebot verdeckt ab; die Höhe der anderen Gebote bleibt unbekannt. Diese Variante wird häufiger verwendet, da sie objektiver und diskreter ist.
- Digitales Bieterverfahren: Online-Plattformen ermöglichen es, Gebote elektronisch abzugeben. Der Prozess ist transparent und zeitsparend, gewinnt insbesondere bei Maklerbüros und institutionellen Verkäufern an Bedeutung.
Vorteile des Bieterverfahrens für Verkäufer
Für Verkäufer bietet das Bieterverfahren zahlreiche Vorteile:
- Marktorientierte Preisfindung: Der endgültige Preis ergibt sich aus dem realen Interesse der Käufer – Angebot und Nachfrage bestimmen den Wert.
- Transparenz: Alle Gebote werden dokumentiert, wodurch ein fairer Wettbewerb entsteht.
- Verkaufsbeschleunigung: Durch die zeitliche Begrenzung entsteht ein gewisser Entscheidungsdruck bei den Interessenten.
- Flexibilität: Der Verkäufer kann frei entscheiden, ob er ein Gebot annimmt oder das Verfahren wiederholt.
- Potenzial für Höchstpreise: In begehrten Lagen kann der Verkaufspreis den ursprünglich erwarteten Marktwert übersteigen.
Vorteile für Käufer
Auch für Käufer kann das Bieterverfahren Vorteile bieten, insbesondere in angespannten Märkten:
- Chancengleichheit: Alle Interessenten haben dieselben Voraussetzungen, da das Verfahren zeitlich und formal geregelt ist.
- Markttransparenz: Der gebotene Preis basiert auf realer Konkurrenz, nicht auf überhöhten Forderungen.
- Eigenverantwortung: Jeder Käufer entscheidet selbst über das Höchstgebot, das er bereit ist zu zahlen.
Nachteile und Risiken
Trotz seiner Vorteile ist das Bieterverfahren nicht frei von Nachteilen:
- Keine Verkaufsgarantie: Der Verkäufer kann alle Gebote ablehnen – selbst das höchste.
- Emotionale Preissteigerungen: Bei hohem Wettbewerb kann es zu überhöhten Geboten kommen, die nicht dem tatsächlichen Marktwert entsprechen.
- Unsicherheit für Käufer: Da keine feste Zusage besteht, ist das Risiko hoch, dass das Gebot nicht angenommen wird.
- Vertrauensabhängigkeit: Der Erfolg hängt stark von der Professionalität des Maklers ab.
Unterschied zur Versteigerung
Das Bieterverfahren wird häufig mit einer Versteigerung verwechselt, unterscheidet sich jedoch in mehreren wesentlichen Punkten:
- Verpflichtung: Bei der Versteigerung besteht eine gesetzliche Abnahmeverpflichtung; beim Bieterverfahren entscheidet der Verkäufer frei über den Zuschlag.
- Rechtlicher Charakter: Die Versteigerung ist ein öffentlich-rechtliches Verfahren (§§ 156, 817 BGB), das Bieterverfahren hingegen eine private Verkaufsform.
- Gebotsabgabe: Im Bieterverfahren sind Gebote unverbindlich, bei der Versteigerung verbindlich.
Durch diese Unterschiede bleibt das Bieterverfahren flexibler, was es besonders für Privatverkäufer attraktiv macht.
Bieterverfahren in der Praxis
In Deutschland wird das Bieterverfahren zunehmend als Marketinginstrument im Immobilienvertrieb genutzt. Es eignet sich besonders für:
- Immobilien, deren Marktwert schwer festzustellen ist,
- Objekte mit hoher Nachfrage,
- ältere oder sanierungsbedürftige Immobilien mit großem Interessentenkreis,
- oder Grundstücke, bei denen die Nutzung flexibel ist.
Immobilienmakler wie Baden-Württemberg Sotheby’s International Realty setzen das Verfahren vor allem bei hochwertigen Objekten ein, um Transparenz und Wettbewerb zu fördern und die bestmögliche Preisfindung am Markt zu erzielen.
Fazit: Bieterverfahren – marktorientierte Alternative zum Festpreisverkauf
Das Bieterverfahren bietet eine faire, flexible und marktgerechte Methode zur Preisfindung bei Immobilien. Es ersetzt zwar keine klassische Wertermittlung, ermöglicht aber, den tatsächlichen Marktwert auf Basis realer Nachfrage zu ermitteln. Verkäufer profitieren von Wettbewerb und Transparenz, während Käufer eine klare Entscheidungsgrundlage erhalten.
Ob in klassischen Besichtigungsterminen oder in modernen Online-Verfahren – das Bieterverfahren ist eine dynamische, moderne Form des Immobilienverkaufs, die sich besonders in aktiven Märkten als effiziente und transparente Verkaufsstrategie etabliert hat.




