Das Bestandsverzeichnis ist der erste Abschnitt eines Grundbuchblattes und enthält die grundlegenden Angaben zu einem Grundstück. Es beschreibt die wirtschaftliche Einheit des Grundbesitzes – also seine Lage, Größe, Nutzung und Zuordnung – und dient als eindeutige Identifikation im Grundbuch. Im Gegensatz zu den folgenden Abteilungen (Eigentum, Lasten und Grundpfandrechte) enthält das Bestandsverzeichnis keine Rechte, sondern ausschließlich die sachlichen Grundstücksdaten. Es bildet damit die Basis für alle weiteren Eintragungen im Grundbuch.
Was ist das Bestandsverzeichnis?
Das Bestandsverzeichnis ist der Teil des Grundbuchs, in dem alle wesentlichen Informationen über das Grundstück zusammengefasst sind. Es dient der grundbuchmäßigen Identifikation der Immobilie und stellt sicher, dass das betreffende Grundstück eindeutig zugeordnet werden kann. Es ist damit das „Deckblatt“ eines jeden Grundbuchblatts und gehört zum öffentlichen Registersystem, das in der Grundbuchordnung (GBO) geregelt ist.
Die Eintragungen im Bestandsverzeichnis erfolgen auf Grundlage der Daten aus dem amtlichen Liegenschaftskataster und bilden die Brücke zwischen Katasterwesen und Grundbuchrecht.
Rechtliche Grundlage
Die rechtlichen Vorschriften zum Bestandsverzeichnis finden sich in den §§ 2 und 3 Grundbuchordnung (GBO). Demnach ist für jedes Grundstück ein Grundbuchblatt anzulegen, dessen erster Bestandteil das Bestandsverzeichnis ist. Dort werden alle Grundstücke aufgelistet, die zu einer wirtschaftlichen Einheit gehören – etwa ein Hauptgrundstück und zugehörige Teilflächen, Wege oder Garagenflächen.
Die Angaben im Bestandsverzeichnis müssen mit den Katasterdaten übereinstimmen. Änderungen (z. B. bei Flurstücksteilungen oder Zusammenlegungen) werden vom Vermessungsamt an das Grundbuchamt übermittelt und dort fortgeschrieben.
Inhalt des Bestandsverzeichnisses
Das Bestandsverzeichnis enthält alle sachlichen Informationen über das Grundstück, insbesondere:
- Grundbuchblattnummer: Eindeutige Nummer, unter der das Grundstück im Grundbuch geführt wird.
- Gemarkung: Verwaltungsbezirk, in dem sich das Grundstück befindet.
- Flur und Flurstücksnummer: Katasterbezeichnungen zur genauen Identifizierung der Lage.
- Größe des Grundstücks: Angabe der Fläche in Quadratmetern.
- Nutzungsart: Z. B. Wohnbaufläche, landwirtschaftliche Fläche oder Gewerbefläche.
- Lagebezeichnung: Straße und Hausnummer (soweit vorhanden).
- Wirtschaftliche Einheit: Hinweis, wenn mehrere Flurstücke gemeinsam genutzt oder rechtlich verbunden sind.
- Vermerke über Zugehörigkeiten: Z. B. Wege- oder Gartenanteile, Stellplätze, Garagen oder Erbbaurechte.
Jede Änderung an den Katasterdaten (z. B. durch Teilung, Vereinigung oder Flächenkorrektur) führt auch zu einer Anpassung im Bestandsverzeichnis.
Aufbau und Beispiel eines Bestandsverzeichnisses
Ein typischer Eintrag im Bestandsverzeichnis könnte wie folgt aussehen:
Gemarkung: Stuttgart-Botnang
Flur: 12
Flurstück: 478/2
Größe: 785 m²
Nutzungsart: Gebäude- und Freifläche (Wohnen)
Lage: Lerchenweg 8, 70195 Stuttgart
Vermerke: Geh- und Fahrtrecht für Flurstück 478/1
Bei größeren Grundstücken oder Eigentumswohnungen können mehrere Flurstücke im selben Bestandsverzeichnis zusammengefasst werden, sofern sie eine wirtschaftliche Einheit bilden.
Zusammenhang mit dem Liegenschaftskataster
Das Liegenschaftskataster ist das amtliche Verzeichnis aller Flurstücke und Gebäude eines Landes. Es dient als Grundlage für das Bestandsverzeichnis im Grundbuch. Beide Register sind eng miteinander verknüpft: Änderungen im Kataster, etwa durch Neuvermessungen oder Flächenänderungen, werden automatisch an das Grundbuchamt gemeldet und dort übernommen.
So wird gewährleistet, dass die Angaben im Bestandsverzeichnis stets aktuell und rechtsverbindlich sind. Diese Synchronisation bildet die Basis für die Rechtssicherheit von Eigentumsverhältnissen in Deutschland.
Abgrenzung zu den Abteilungen des Grundbuchs
Das Grundbuch besteht aus mehreren Abschnitten:
- Bestandsverzeichnis: Beschreibung des Grundstücks (Lage, Größe, Nutzung).
- Abteilung I: Angaben zum Eigentümer und zur Eigentumsart (z. B. Alleineigentum, Erbbaurecht, Miteigentum).
- Abteilung II: Lasten und Beschränkungen (z. B. Wegerechte, Nießbrauch, Wohnrechte, Baulasten).
- Abteilung III: Grundpfandrechte (z. B. Hypotheken, Grundschulden, Rentenschulden).
Das Bestandsverzeichnis bildet somit die Basis für alle nachfolgenden Eintragungen – denn nur durch die genaue Grundstücksidentifikation können Eigentumsrechte oder Belastungen rechtssicher zugeordnet werden.
Besonderheiten beim Wohnungseigentum
Auch bei Wohnungseigentum (WEG) enthält das Bestandsverzeichnis wichtige Informationen: Neben der Beschreibung des Grundstücks wird dort die jeweilige Wohnung oder das Teileigentum mit einer laufenden Nummer aufgeführt. Zudem werden Miteigentumsanteile am Grundstück sowie das zugehörige Sondernutzungsrecht (z. B. Garten oder Stellplatz) vermerkt.
Beispielhafte Eintragung:
„Wohnung Nr. 3 im 2. Obergeschoss, verbunden mit einem 85/1.000 Miteigentumsanteil am Grundstück Flurstück 124/5, Größe 620 m².“
Änderungen im Bestandsverzeichnis
Änderungen im Bestandsverzeichnis erfolgen immer auf Grundlage eines Nachweises aus dem Kataster (z. B. Fortführungsnachweis). Dazu zählen:
- Flurstücksteilungen oder -vereinigungen,
- Änderungen der Grundstücksgröße,
- Neufestlegungen von Grenzen,
- Änderungen der Nutzungsart oder Lagebezeichnung.
Das Grundbuchamt ist verpflichtet, diese Änderungen ohne gesonderten Antrag fortzuführen, um die Übereinstimmung mit dem Kataster zu gewährleisten.
Bedeutung für Eigentümer und Käufer
Für Eigentümer und Kaufinteressenten liefert das Bestandsverzeichnis die objektive Grundlage zur Identifizierung des Grundstücks. Es zeigt, welche Flächen rechtlich zusammengehören, wie groß sie sind und welche Nutzungsart vorliegt. Damit ist es ein wichtiges Dokument bei:
- Kaufverträgen,
- Baufinanzierungen,
- Teilungen oder Zusammenlegungen von Grundstücken,
- und bei der Überprüfung von Rechten Dritter (z. B. Wegerechten).
Ein aktueller Auszug aus dem Grundbuch, inklusive Bestandsverzeichnis, ist daher bei Immobilienkäufen oder Grundpfandrechten unerlässlich.
Fazit: Bestandsverzeichnis – die Grundlage jedes Grundbucheintrags
Das Bestandsverzeichnis bildet das Fundament des Grundbuchs. Es definiert, welches Grundstück oder welche Flurstücke rechtlich gemeint sind, und stellt die Verbindung zwischen Kataster und Eigentumsrecht her. Nur durch die präzisen Angaben im Bestandsverzeichnis können Eigentumsverhältnisse, Belastungen und Rechte korrekt zugeordnet werden. Für Käufer, Eigentümer und Banken ist das Bestandsverzeichnis daher ein unverzichtbarer Bestandteil jeder Immobilienprüfung – der erste Blick ins Grundbuch beginnt immer hier.




