Das Disagio – auch Damnum oder Abgeld genannt – ist der Abschlag vom Nennbetrag eines Darlehens, den der Kreditnehmer bei Auszahlung nicht erhält. Mit anderen Worten: Die ausgezahlte Darlehenssumme ist geringer als die vertraglich vereinbarte Kreditsumme. Der Differenzbetrag wird als Zinsvorauszahlung betrachtet, die dem Kreditgeber bereits zu Beginn der Laufzeit zufließt. Das Disagio ist eine gängige Gestaltung in der Baufinanzierung und beeinflusst sowohl die Liquidität des Kreditnehmers als auch den effektiven Zinssatz des Darlehens.
Was ist ein Disagio?
Der Begriff „Disagio“ stammt aus dem Lateinischen („dis agio“ – „unter dem Wert“) und bezeichnet die Differenz zwischen dem Nennwert eines Kredits und dem tatsächlich ausgezahlten Betrag. Der Kreditnehmer erhält also weniger Geld ausgezahlt, als vertraglich als Darlehenssumme vereinbart ist, muss jedoch die gesamte Nominalschuld zurückzahlen.
Beispiel:
Ein Darlehen über 100.000 € wird mit einem Disagio von 5 % abgeschlossen.
→ Ausgezahlt werden nur 95.000 €, zurückzuzahlen sind aber 100.000 €.
Das Disagio von 5.000 € wird vom Kreditgeber als Zinsvorauszahlung behandelt.
Durch das Disagio können Kreditnehmer niedrigere Nominalzinsen vereinbaren, was auf den ersten Blick zu günstigeren Konditionen führt. Tatsächlich steigt jedoch der effektive Jahreszins, da weniger Kapital zur Verfügung steht, aber der volle Nennwert verzinst und getilgt wird.
Rechtliche Grundlage
Die rechtlichen Regelungen zum Disagio finden sich im § 488 BGB (Darlehensvertrag) und in der Preisangabenverordnung (PAngV), die den Kreditgeber verpflichtet, den effektiven Jahreszins einschließlich des Disagios anzugeben.
Dadurch soll Transparenz geschaffen werden, damit Kreditnehmer die tatsächlichen Gesamtkosten eines Darlehens vergleichen können.
Berechnung des Disagios
Die Höhe des Disagios wird prozentual vom Nominalbetrag des Darlehens berechnet.
Formel:
Disagio = (Nominalbetrag × Disagio-Satz) ÷ 100
Beispiel:
Nominalbetrag = 200.000 €
Disagio = 3 %
→ 200.000 € × 0,03 = 6.000 €
→ Ausgezahlt werden 194.000 €
Die Tilgung und Verzinsung erfolgen dennoch auf Basis der vollen 200.000 €, was den effektiven Zinssatz erhöht.
Disagio und effektiver Jahreszins
Das Disagio wirkt sich direkt auf den effektiven Jahreszins eines Darlehens aus. Da der Kreditnehmer weniger Kapital erhält, aber Zinsen auf den vollen Nennbetrag zahlt, sind die tatsächlichen Kosten höher als beim Nominalzins allein.
Die Effektivzinsberechnung berücksichtigt deshalb das Disagio als zusätzliche Zinsbelastung, verteilt über die Laufzeit des Kredits.
Beispiel:
Ein Darlehen über 100.000 € mit 5 % Zinsen und 5 % Disagio ergibt einen effektiven Jahreszins von etwa 5,5 % – abhängig von der Laufzeit und Tilgung.
Je kürzer die Laufzeit, desto stärker wirkt sich das Disagio auf den Effektivzins aus, da die Vorauszahlung auf einen kürzeren Zeitraum verteilt wird.
Vorteile des Disagios
Ein Disagio kann für bestimmte Kreditnehmer vorteilhaft sein, insbesondere wenn steuerliche oder bilanzielle Gründe eine Rolle spielen. Zu den wichtigsten Vorteilen zählen:
- Niedrigerer Nominalzins: Banken bieten oft geringere Sollzinsen an, wenn ein Disagio vereinbart wird.
- Steuerliche Absetzbarkeit: Bei vermieteten Immobilien kann das Disagio als Werbungskosten über die Laufzeit des Kredits abgeschrieben werden (§ 11 EStG).
- Imagevorteil für Kreditgeber: Ein niedriger Nominalzins wirkt auf den ersten Blick attraktiver, auch wenn der Effektivzins höher ist.
Nachteile und Risiken
Das Disagio kann jedoch auch Nachteile mit sich bringen, vor allem in Bezug auf Liquidität und tatsächliche Kosten:
- Geringere Auszahlungssumme: Kreditnehmer erhalten weniger Kapital als vereinbart und müssen ggf. zusätzliches Eigenkapital einbringen.
- Höherer Effektivzins: Trotz niedriger Nominalzinsen steigen die tatsächlichen Kreditkosten.
- Komplexe Vergleichbarkeit: Kreditangebote mit und ohne Disagio sind nur über den Effektivzins sinnvoll vergleichbar.
- Keine Rückerstattung: Bei vorzeitiger Kreditablösung wird das gezahlte Disagio in der Regel nicht anteilig erstattet.
Disagio in der Buchhaltung und Steuer
In der Bilanzierung und Steuer kann das Disagio unterschiedlich behandelt werden:
- Bei Unternehmen: Das Disagio gilt als aktiver Rechnungsabgrenzungsposten und wird über die Laufzeit des Darlehens linear abgeschrieben.
- Bei Vermietern: Das Disagio kann steuerlich über die Kreditlaufzeit als Werbungskosten angesetzt werden, sofern es betrieblich oder zur Einkünfteerzielung dient.
- Bei Eigennutzung: Keine steuerliche Absetzbarkeit möglich, da kein einkommensteuerpflichtiger Ertrag erzielt wird.
Wann ist ein Disagio sinnvoll?
Ein Disagio kann sinnvoll sein, wenn:
- der Kreditnehmer steuerliche Vorteile nutzen möchte,
- eine kurze Zinsbindungsfrist gewählt wird (da die Vorabzahlung über wenige Jahre verteilt wird),
- oder der Kreditnehmer den niedrigeren Nominalzins für ein besseres Zins-Ranking benötigt (z. B. bei Förderdarlehen oder Anschlussfinanzierungen).
Bei langen Laufzeiten oder begrenztem Eigenkapital ist ein Disagio dagegen oft nachteilig, weil die Auszahlungssumme sinkt und der Kapitalbedarf steigt.
Fazit: Disagio – Zinsvorauszahlung mit Einfluss auf Effektivzins
Das Disagio ist ein Abschlag auf die Kreditsumme, der dem Kreditgeber eine vorzeitige Zinszahlung sichert und dem Kreditnehmer kurzfristig günstigere Konditionen ermöglichen kann. In der Praxis ist es ein Instrument der Zinsgestaltung und Steueroptimierung. Wer ein Darlehen mit Disagio in Betracht zieht, sollte jedoch stets den effektiven Jahreszins als Maßstab heranziehen, da dieser die tatsächliche Kreditbelastung widerspiegelt. Nur so lässt sich beurteilen, ob sich das vermeintliche Zinsvorteil wirklich lohnt.




